Staub stieg bei jedem Schritt seiner Hufe auf, wirbelte um seine spielenden Ohren herum und setzte sich in seinem Fell fest. Die Straße war trockener als der Humor seines Herrn, des Töpfermeisters Alejandro. Kein Lüftchen wehte über die braunen Weiden oder vertrieb die lästigen Fliegen aus seinem Fell, während sein Borstenschweif schlaff hinabhing und sich nicht die Mühe machte, über das struppige Fell hinweg zu wedeln, um Moskitos und Bremsen zu verscheuchen. Zu schnell waren sie wieder an Ort und Stelle, um den Esel zu piesacken. Ja, ein Esel war es, ein altes, störrisches Langohr, das sich mit seinem Führer unter der hochstehenden Sonne über den Feldweg hinwegschleppte.
Pablo war kein junger Esel mehr, vielleicht war er zwanzig Jahre, vielleicht aber auch älter. Genau wusste er es selbst nicht. Wenn, dann musste man schon den alten Alejandro fragen, denn der hatte aus dem struppigen Fell seines Esels bereits den Staub geklopft, bevor er in seiner kleinen Werkstatt töpferte und Pablo seine Tonware auf den Rücken lud, um sie zum Markt zu bringen. Allerdings war es schwer, den Töpfermeister dazu zu bringen, zwischen seinen runzligen Lippen hindurch und an der alten Pfeife vorbei eine Antwort zu murmeln. Was da am besten half, war ein glänzender Golddinar, ein Maradeví aus der Zeit der Mauren in Spanien …
Doch fragte man ihn selbst, Pablo, den Töpfermeisteresel, beinhaltete seine Lebensgeschichte nicht nur einen mit Gold und Seide behangenen Vater, sondern auch eine berühmte und vielgepriesene Mutter, die einst dem Kalifen von Córdoba gehört hatte und von seinen vierzehn Töchtern täglich mit Zucker und Milch gefüttert worden war. Er aber hatte in seinen jungen Jahren höchstselbst den König, Alfonso de Castilla, auf seinem vornehmen Rücken getragen. Wie viel davon zu glauben war, das meckerten sich die dürren Ziegen in den Einfriedungen des Dorfes zu, wenn seine langen Ohren gerade nicht auf ihr Gespräch achteten; die Hühner gackerten es beim morgendlichen Körnerpicken und die Grillen zirpten es jedem vor, der sich zufällig über die staubigen Wege nach Mediana verirrte. Denn besagter König konnte höchstens als ausgebleichtes Skelett noch auf seinem Rücken gesessen haben, und dann mussten die altersschwachen Knochen wohl mehr geklappert haben als das mit blanken Goldscheiben besetzte Geschirr.
Und wer davon noch immer nicht überzeugt war, der suchte Juan auf, den Lehrjungen des Töpfers, und ließ sich von ihm zu der Stelle zwischen den Felsen führen, wo die ausgebleichten Knochen lagen, die einmal Pablos ruhmreiche Eltern gewesen waren.
Doch auch wenn Pablo Geschichten von Gold und Seide, Reichtum und süßer Milch liebte, bei seinem Herrn lebte er mit Zuckerbrot und Peitsche. Und wenn er ihm einmal freundschaftlich auf die Kruppe klopfte (das war dann das Zuckerbrot, denn Zucker war zu der Zeit teurer als ein freundlicher Klaps), wusste er doch, dass ihn am Markttag die Peitsche nach Ávila treiben würde, während er unter der sengenden Mittagssonne die Tonkrüge und Schüsseln schleppte. Allerdings war der Töpfer Alejandro mit Schmerzen in Knochen und Gelenken geschlagen, die ihn stöhnen ließen und den langen Weg zum Markt zur Qual machten, ja, seit längerem verhinderten. Und wer ein scharfes Auge für diese Dinge hatte, sowie den lieben langen Tag nichts Besseres zu tun, als sich den Mund über anderer Leute Angelegenheiten zu zerreißen, dem fiel vielleicht auf, dass den Meister derartige Beschwerden erst anfingen zu plagen, als er den Waisenjungen Juan als Lehrjungen zu sich nahm – denn nun brachte der die Töpferwaren zum Markt, zusammen mit dem mürrischen Pablo. Ihm, so dachte sich der Esel auf dem langen Weg des Öfteren, taten die alten Knochen ebenfalls weh, ihm machte das Schleppen und Trotten seit vier Uhr morgens auch nicht viel Spaß, doch er konnte dies ja leider nicht einem anderen überlassen. Und so sehr er auch verstand, dass eine Person von solcher Wichtigkeit, wie er es war, nicht leicht zu ersetzen war, so hätte er sich vielleicht auch damit begnügt, wenn der alte Alejandro ihm ein wenig von seinem Tabak abgegeben hätte, der doch so gut schmeckte; so wie Juan ihm eine seiner Feigen gab, die ihrer beider Wegzehrung waren und doch nicht einmal halb so köstlich mundeten. Trotzdem wusste er natürlich diese Großzügigkeit zu schätzen, und nur Juan zuliebe nahm er den weiten Weg in Kauf; über staubige Straßen, von Moskitos geplagt und den neugierigen Blicken der dummen Rinderherden am Wegrand ausgesetzt, was, seiner Meinung nach, nicht zuletzt genannt werden sollte.
Die Straße schlängelte sich zwischen den Hügeln hindurch und war als braune Spur zwischen den trockenen Grashalmen sichtbar. Jetzt führte sie über einen Hügelkamm hinweg und gab den Blick auf die Stadtmauern frei, die auf einer Anhöhe aufragten. Esel und Führer blieben stehen. Pablo konnte seinen Gefährten nur zu gut verstehen, als dieser leuchtenden Blickes auf die Stadt hinunter schaute – all die Dinge, die zwischen diesen wehrhaften Mauern zu finden waren: Stände voller exotischer Früchte und aromatischer Gewürze; frische Feigen, pralle Granatäpfel, Pfirsiche, Birnen; getrocknete Hülsenfrüchte in Mengen, eingelegte Oliven und saftige Mangoldblätter, die auf den Ständen und in Körben auf den gepflasterten Plätzen verstreut lagen. Wahrscheinlich hätte der Esel wohl weniger Verständnis gehabt, hätte er gewusst, dass Juan sehr viel mehr an den prächtigen Fassaden der Palacios und der Kirchen, dem Getümmel und Geschreie der Anpreiser und den mit kostbaren Stoffen und Geschmeide behängtem Adel der Provinzhauptstadt interessiert war; wahrscheinlich hätte er vor Erstaunen und Unverständnis wohl seinen Dickkopf geschüttelt. Nur gut, dass er noch weniger imstande war, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass auch die königlichen Hengste und zierlichen Stuten auf dem Pferdemarkt ein Ort der Faszination für seinen jungen Begleiter waren. Mit diesem Wissen hätte er sich vor lauter Entrüstung wohl nicht nur mit einem Kopfschütteln begnügt. Denn was die zierlichen Stuten anging, so hätte seine Beschreibung auf sie wohl aus den Begriffen „dumm“ und „hochnäsig“ bestanden, die fürstlichen Hengste aber … nun ja, wahrscheinlich reicht es, wenn man statt der zu erwartenden Schimpftirade nur die Wörter „impertinent“, „trottelig“, „nichtsnutzig“ und „ungeschickt“ fallen lässt.
Juan ruckte am Führungsseil und zog den Esel in die Senke, auf die zwischen Zypressen aufragenden Stadtmauern zu. Die von vielen Hufen ausgetretene Straße überquerte das staubtrockene Flussbett des Adaja gegenüber einem der neun Tore der Stadt. Das morsche Holz ächzte, die Eselshufe klapperten und auf dem rissigen Lehm zirpten die Grillen. Die schwüle und dumpfe Luft ließ dem Esel das Flussbett unwirklich erscheinen. Als er noch jünger gewesen war, hatte sich Alejandro einmal im Frühling mit ihm auf den Weg gemacht, um seine Ware einem vornehmen Herrn anzubieten. Pablo konnte sich gut an diesen eisigen Tag erinnern, weil die fernen Gipfel der Gredos schneebedeckt gewesen waren und es auch in Ávila geschneit hatte. Die Schneeschmelze hatte bereits begonnen, und alle Bäche und Flüsse waren hoch mit schäumendem Wasser gefüllt, das bei den eisigen Temperaturen an einigen Stellen bereits wieder gefroren war. Nicht aber am Adaja. Die Brücke, über die er gerade mit dumpfen Hufschlägen trottete, war von dem tosenden Wasser nass und rutschig. Der Fluss hatte dieselbe Farbe angenommen, wie die Sturmwolken, die über ihn hinwegzogen, und er tobte und raste, als wolle er den kleinen Steig mit sich reißen.
Doch jetzt hatten sie das versickernde Rinnsal überquert, und die Hufe des kleinen Esels klangen nicht mehr dumpf, wie auf der Brücke, sondern weich und klar auf dem ausgetrockneten Lehmboden; hart und kurz, als sie den Torbogen erreichten und über das steinerne Pflaster gingen. Das Klackern riss Pablo aus seinen Träumen, als sie die Wachen passierten.
Am Tor ließ man sie stets durch, weil man den Töpfergehilfen und dessen Esel gut kannte.
Nur die anderen, die anderen Wächter, die lauerten immer wieder unter dem Torbogen auf sie und ließen sich niemals abwimmeln. Man hörte sie raunen und wispern, rufen und fragen, immer, wenn man auf die Hufschläge und Schritte auf dem Pflaster lauschte. Sie waren Phantome, Schatten an den Wänden und Wispern zwischen den Steinen. Er sah sie nur aus den Augenwinkeln, doch wenn er blinzelte, so waren sie verschwunden, wie Rauch verweht. Wispern, Flüstern. Wo kommst du her? Wo gehst du hin? Was führt dich durch dieses Tor? Scharren, Klackern. Kleine Hufe, die dich tragen. Doch welche Gedanken leiten dich? Huschen, Wehen. Geh nur, geh nur hin, Töpfersesel. Wir erwarten dich, an diesem Tor, zur rechten Zeit, wenn du wiederkehrst aus der Stadt, unserer Stadt.
Da hörte das dumpfe Klacken auf, und er hatte das Tor passiert. Er schüttelte sich, schüttelte den kühlen Schatten des Tores aus seinem staubigen Fell. Er hasste es, dieses Tor durchqueren zu müssen. Er hatte das Gefühl, dass die Wächter jeden seiner Gedanken in seinem Kopf lesen konnten; dass sie ihn besser kannten als er sich selbst. Wenn er in den Schatten des Torbogens eintauchte, wusste er ganz genau, wer und was er war; Pablo, der alte, armselige Töpferesel, und er erkannte sich mit all seinen Fehlern und Makeln.
Nein, er mochte die Wächter nicht.
Rufen, Schreien, Menschengewimmel und Gedrängel zwischen den kalten Hauswänden. Sie drückten sich an den auf Mauleseln reitenden Herrschaften vorbei, die prachtvoll geschmückt und mit Granatsteinen behangen waren, quetschten sich an die herrschaftlichen Fassaden der Palacios, wenn ein hochnäsiger Bote auf seinem stampfenden Pferd sich mit Hieben und Tritten den Weg freimachte und wichen Abfall und Dreck aus.
Von weitem hörte er das dumpfe Brüllen der Ochsen, die auf dem Viehmarkt für hohe Preise angepriesen wurden. Der eigentliche Markt jedoch befand sich auf der Plaza Mercado Chico. Dort war jeder Flecken Erde mit Ständen besetzt, deren Besitzer brüllend ihre Ware anpriesen. Nicht der Hauch eines Platzes war noch auf dem Markt zwischen den umhereilenden Käufern zu entdecken – doch Pablo wusste, dass jetzt sein Talent gefragt war. Denn wo sich kein Platz anbot, musste man sich eben welchen schaffen … und was bitte konnte in diesem Moment hilfreicher sein als der kräftige Fußtritt eines Esels? Nein, nichts war hilfreicher, wenn man zwei oder drei Stände dem Erdboden gleich machen wollte, um deren Stelle einzunehmen.
Reife Früchte rollten über den Boden, und ein Händler zeterte, als seine prallen Aprikosen auf dem Steinpflaster zerplatzten. Doch das angestimmte Eselsgeschrei der Schadenfreude übertönte selbst den übrigen Lärm des Marktes und ließ die Geschädigten sich schäumend vor Wut davonmachen, während sie die Hände auf die Ohren drückten und ihre Ware in den weiten Leinengewändern aufsammelten.
Juan öffnete die Tragetaschen seines Gefährten und stellte die Tonarbeiten des Töpfermeisters neben die Mauer der Hauswand auf den Boden. Viele von ihnen hatte er selbst gearbeitet. Pablo konnte ganz genau unterscheiden, welche von Alejandro angefertigt waren, und welche von seinem jungen Freund. Denn Alejandros raue Hände hinterließen auf dem Ton Spuren, wie der Rauch aus seiner alten Tabakpfeife in der morgendlichen Luft. Juans Arbeiten waren glatt und sauber, so ordentlich und fein gemacht, dass selbst Pablos Auge, das sowohl kritischer als auch schärfer als das des Töpfermeisters war, selten etwas daran auszusetzen hatte. Doch er liebte es die Ränder und Seitenwände der Schalen und Gefäße mit den Mustern feingeäderter Olivenblätter zu versehen, die unter der aufgetragenen Glasur lebhaft glänzten, sobald sie gebrannt worden waren. Pablo mochte die Verspieltheit dieser Ziselierungen. Sie erinnerten ihn daran, jung und flink zu sein, wie man umhersprang und lachte wie ein Bach zur Schneeschmelze. Allerdings schimpfte der alte Alejandro über „solche Sitten der Jugend“, die nichtsnutzig wären und den Ton verschlampen würden. Was aber wohl vor allem daran lag, dass er nicht mehr sah, was sein Lehrling tat, sondern den Ton in seinen Händen nur noch als Form wahrnahm, der durch die Verzierungen des Jungen matt und verschwommen wurde.
Pablo bemerkte oft, dass sein Herr alt geworden war. Doch auch er, das spürte er, wurde nicht jünger, Jahr für Jahr, dass er dem Töpfermeister diente. Noch sah er die Mauersegler über seinem Kopf gut, doch er war oftmals zu müde, um ihn zu heben und hinaufzusehen. Dann schloss er die Augen und lauschte ihren schrillen Pfiffen und dem Sirren ihrer Flügel. Wie schön war es, ihren Geschichten lauschen zu können, mit jedem ihrer Flügelschläge, die man durch die Luft fächern hörte, wenn sie um die Mauern Ávilas flogen. Er liebte diese Lieder, die sie ihm sangen, wenn er den Lärm des Marktes vergaß und im Schatten einer Zypresse den Kopf hängen ließ. Er überlegte, wie es wäre, wie die Schwalben durch die Luft zu fliegen, leicht, wie ein Gedanke oder eine Geschichte, die von einem Ohr zum nächsten geht und nie erstirbt oder verblasst. Geschichten waren wie Vögel, leicht und unbeschwert. Sie ließen sich von den Winden tragen, doch sie spielten mit Blitz und Donner wie der Schreiber mit der gespitzten Gänsefeder, mit der er die Worte auf das Papier fließen ließ.
Pablos Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, als eine Handvoll verfaulter Mangold ihn an der Flanke traf. Noch mehr Gemüse folgte, als zwei Händler einen Streit begannen und die Auslagen ihrer Stände durch die Luft flogen. Pablo rückte weiter in den Schatten und schlug schlecht gelaunt mit den Hinterbeinen aus. Im Halbdunkeln der Steinmauern war es trotz der heißen Sommersonne beinahe kalt, und eine kühle Brise ließ ihn schaudern, bevor er wieder in die Sonne rückte.
„Schauderst du wegen des Schattens, indem du stehst, oder wegen der Mauer, die ihn wirft?“
Er sah sich überrumpelt nach der Stimme um, ohne ihren Ursprung entdecken zu können. Endlich erblickte er auf einem Mauervorsprung hoch über sich eine weiße Taube. Er starrte sie neugierig an. Ihm wurde bewusst, dass es nicht nur neugierig, sondern vielmehr unverschämt war, wie er sie musterte, denn sie spreizte ihr Gefieder und flog herab, wo sie auf den Ästen der Zypresse landete. Sie gleißte im Licht der Sonne, als würde ihr Gefieder in Flammen aufgehen. Als sie auf taubenhafte Art den Kopf zur Seite legte und ihn musterte, sah er, dass das Gefieder ihrer Schultern in einem tiefdunklen purpurrot verlief. Rote Sprenkel zogen sich über die Unterseite ihrer Fittiche, als wären Feuerfunken wie Regentropfen auf sie herabgefallen.
Sein Blick blieb fasziniert an ihnen hängen. So rot glühten sie, wie die untergehende Sonne auf den schneebedeckten Gipfeln der Gredos, und genauso, wie diese im himmlischen Feuer erstrahlten, entflammten die roten Sprenkel die weißen Federn über und über von goldenem Licht.
Jetzt begann die weiße Taube wieder zu sprechen, und jedes Wort, dass sie gurrte, klang wie nach einer wilden Melodie gesungen, die er kannte, und doch immer wieder aus seinen Ohren verschwand, wenn er nach ihr haschte.
„Du siehst aus wie ein Esel und bist doch stumm wie ein Fisch!“
Nun erst recht verlegen wandte Pablo seinen Kopf zur Seite und mied den Blick ihrer blanken Augen. Sie betrachtete ihn so eine Weile, dann fügte sie sanft hinzu:
„Entschuldige, wenn ich dich verletzt habe, doch von Tag zu Tag unterhalte ich mich nur noch mit Mauern und kalten Steinen und die sind schwerer zu kränken als ein Wesen, das mir Rede und Antwort stehen kann. Doch ich habe dich noch immer nicht nach deinem Namen gefragt, und du kennst noch immer nicht den Meinen, sodass man von keiner Begegnung sprechen kann.“
Erwartungsvoll blickte sie ihn an, und wenn er auf ihre makellosen Federn sah, wurde seine Kehle trocken wie der Staub auf den Straßen. Doch nur ein zur Seite legen des reinweißen Kopfes nahm ihn alle Verlegenheit, und er erinnerte sich an seinen ehrenvollen Stammbaum und hochgestellte Persönlichkeiten, denen er begegnet war. Vergessen war das Bewusstsein, dass er seit drei Stunden vor Sonnenaufgang für seinen Meister Töpferware zum Markt geschleppt hatte, das Bewusstsein, dass er am Ende dieses Tages denselben Weg bis zum Einbruch der Dunkelheit zurücklegen musste, eingetreten das Bild dieser wunderschönen Taube vor seinen Augen und das Gefühl, dass er sie mochte.
Er legte wie sie den Kopf zur Seite und winkelte seine linkes Ohr etwas an.
„Mein Name? Namen gibt es wie Rascheln im Wind, aber meiner fällt auf, weil er ein besonders schöner ist! Ich heiße Pablo, wie ein jeder gute Esel heißen sollte, und wer so aufmerksam ist, auf den ehrenwerten Namen eines bescheidenen Esels zu lauschen, dem würde dessen Zusatz durch die Nennung der wunderbaren Eselsbezeichnung Cabezón Gris[1], die ich meinen Zweitnamen zu nennen pflege, nicht entgehen. Ihr sollt sehen, dass ihr nicht verlegen sein sollt, euch mit einer Persönlichkeit wie mir zu unterhalten, denn mein Vater, mögen seine Gebeine auf ewig unter Marmor und Blattgold ruhen, war der ruhmvolle Conde de Establo Burrito[2]. Auch des Namens meiner Mutter brauche ich mich nicht zu schämen, denn des Kalifen Töchter, denen sie gehörte, nannten sie Dientes Rotos , weil sie sandfarben war, ihr eines Auge aber schneeweiß wie das Elfenbein eines Elefantenzahns.“
Niemand, der es sich nicht mit Pablo verderben wollte, würde auf die Idee kommen, seiner Vermutung Ausdruck zu verleihen, dass der Elefant, der seinen Zahn für diesen Vergleich hatte lassen müssen, es mit dessen Pflege in seinem einhundertjährigen Dasein nicht hatte sehr genau nehmen können. Doch auch die Taube ahnte das und ließ Pablo unbeeindruckt Zeit, Atem zu schöpfen, nachdem er seinen Vortrag beendet hatte.
„Ich sehe“, gurrte sie melodisch, „dass dein Name deiner selbst, wie ich dich an diesem Tage kennenlerne, zurecht verliehen wurde.“
Aus ihrer Stimme ließ sich nicht die geringste Spur des Sarkasmus herausspüren.
„Mein Name ist nicht so schön wie der deine, doch er ist alt, sehr alt, in etwa so wie die blassen Steine dieser Mauer, in deren Schatten du stehst.“
Bei diesen Worten öffnete sie ihr Gefieder und schlug sachte mit den Flügeln, als wolle sie die Sonnenstrahlen wie Tautropfen aus ihren schneeweißen und purpurroten Federn schütteln.
„Man nennt mich die weiße Taube mit den roten Federn.“
[1] Graukopf
[2] Graf vom Eselsstall
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